Winterastern vermehren – letzter Termin

Heute ein sehr schöner und informativer Beitrag von Frau Eveline Renell zum Thema „Winterastern“.

Kennen Sie Winterastern? Das ist der deutsche Name für Chrysanthemen, die es heute als Schnittblume ganzjährig und als Topfpflanze in Mengen ab September gibt. Noch in meiner Kindheit blühten sie nur in den Gärten und das frühestens im Oktober. Bis ich 10 Jahre alte wurde, war es meine Geburtstagsblume.

Die Chrysantheme ist eine so genannte Kurztagspflanze, das heißt, sie bildet nur Blüten, wenn die Tageslänge unter 12 Stunden liegt (wie der Weihnachtsstern). Wenn Sie sie jetzt vermehren, gibt es noch ein gewisses Maß an Längenwachstum. Ab September (sortenabhängig) werden dann Knospen angelegt.

Wenn man eine Winteraster besitzt oder jemanden kennt, der eine schöne Sorte hat, kann man jetzt noch Stecklinge schneiden. Man nimmt dazu die weichen Spitzen mit 2 Blattpaaren und der Spitze, schneidet unter dem Blattknoten ab und entfernt alle Blätter bis auf die Spitze. Sie werden in ein schwach gedüngtes, Substrat gesteckt, dem man zur schnelleren Bewurzelung Sand hinzufügt. Anschließend leicht angießen und für einige Tage ein Einweckglas drüber stülpen. Wenn die Triebe sich erholt haben und unten die ersten weißen Wurzeln zu sehen sind, muss in stärker gedüngte Erde umgetopft werden. 4 Wochen später wird dann wöchentlich kräftig gedüngt. Die Chrysantheme ist wie die Tomate ein Starkzehrer. Sie erhalten bei den späten Stecklingen niedrige Pflanzen, die auch im Kübel was hermachen. Sofern ab September in Bodennähe junge Triebe erscheinen, ist die Pflanze winterhart.
Warum ist die winterharte späte Chrysantheme nur noch so selten in Gärten anzutreffen? Vermutlich wegen des hohen Düngerverbrauches. In Bauerngärten kriegte sie einen sonnigen Platz, ein offenes Beet und regelmäßige Güllegaben. Sonst sind die meisten Sorten recht kurzlebig und möchten alle paar Jahre umgepflanzt werden (anders als Hosta & Co.)

In ihrer chinesischen Heimat kommt Chrysanthemum indicum als 2,20m hohe Wiesenpflanze erst im November in Blüte. Nach Europa gelangten jedoch vor 250 Jahren schon vielfältige japanische Züchtungen. Chrysanthemum heißt übrigens Goldblume – und ihr Besitz war dem Kaiserhaus und ausgewählten Höflingen vorbehalten. Auf Zypern sah ich vor einigen Jahren im Januar im Geburtsort von Erzbischof Makarios, der 900m hoch liegt und wo man trotz der Südhanglage noch mit Schnee rechnen muss, wunderschöne gelbe und weiße Chrysanthemen in voller Blüte. Hier hat also der deutsche Ausdruck volle Berechtigung. Heutige Züchtungen fürs Freiland können schon ab August blühen.

Normalerweise beschäftige ich mich mit dem Erhalt von Nutzpflanzensorten, doch da ich auch Mitglied der Gesellschaft der Staudenfreunde bin, ist mir auch die Bewahrung von Zierpflanzen ein Anliegen. Dieses Ziel verfolgt auch das Netzwerk Pflanzensammlungen. Mit der Vermehrung leisten Sie in Ihrem Garten einen Beitrag zur Erhaltung von Kulturerbe. Das „Stöbern“ auf den Websides macht Spaß. Siehe www.gds-stauenfreunde.de und www.netzwerkpflanzensammlungen.de.
Eveline Renell, Juni 2015